Sexualstrafrecht
Sexuelle Selbstbestimmung – ein weites Feld, auf dem es noch viel zu tun gibt.
Aber: Das Sexualstrafrecht dient insbesondere dem Schutz der individuellen sexuellen Selbstbestimmung. Es unterstreicht „Nein ist Nein!“ und es relativiert ein „mein“.
„Mein“ impliziert, dass etwas mir gehört und ich damit tun und lassen kann, was ich will. Aber: „Seine“ Ehefrau gehört ihm zwar an, gehört ihm aber nicht. Und darum darf er mit ihr auch nicht tun und lassen, was er will. Denn auch die Vergewaltigung in der Ehe ist strafbar. Und erst recht ist auch „deren“ Kind eine eigenständige Persönlichkeit die es zu achten, respektieren und schützen gilt und die „denen“ zwar oft wehrlos aber niemals rechtlos ausgeliefert ist!
Übersicht
Sexualstrafrecht
Ihnen wird eine Sexualstraftat vorgeworfen? Bewahren Sie Ruhe und kontaktieren Sie umgehend mich: ☎ (03 71) 45 84 133.
Als erfahrener Strafverteidiger in Chemnitz berate ich Sie umfassend und gemeinsam sehen wir, wie Sie da wieder rauskommen.
Zu Beginn: der Tatverdacht
Am Anfang jedes Ermittlungsverfahrens steht immer ein Tatverdacht. Die Möglichkeiten, die einen Tatverdacht begründen sind vielfältig.
Sexualstraftaten, die im Internet begangen wurden / worden sein sollen, werden meist durch die Betreiber von Chaträumen und Social-Media-Diensten aufgedeckt. Von allen Chats auf diesen Plattformen werden automatisch Chat-Protokolle angefertigt. Protokolle und gespeicherte Daten werden von den Providern systematisch gefiltert und inkriminierte Funde den Behörden gemeldet.
Zu diesen Straftaten gehören u. a.:
- die Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger
- Verbreitung pornographischer Schriften an Minderjährige
- Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften
- Verbreitung gewalt- oder tierpornographischer Schriften
- das Zugänglichmachen pornographischer Inhalte mittels Rundfunk oder Telemedien
- der Abruf kinder- und jugendpornographischer Inhalte mittels Telemedien
Die Aufzählung ist nicht abschließend.
Straftaten, die nicht vorrangig und nicht ausschließlich mit dem Internet zusammenhängen sind z. B.
- die Vergewaltigung
- der sexuelle Missbrauch widerstandsunfähiger Personen
- sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen
- (schwerer) sexueller Missbrauch von Kindern
- die Zuhälterei
- der Menschenhandel
- der Exhibitionismus
- die Erregung öffentlichen Ärgernisses
- die sexuelle Belästigung
Auch diese Aufzählung ist nicht abschließend.
Besonders beim Kindesmissbrauch wird der Anfangsverdacht oft durch Beobachtungen von Außenstehenden begründet. Das kann z. B. die Lehrerin sein, die eine Veränderung an ihrer Schülerin feststellt oder auch der Nachbar, der sich über „komische“ Geräusche aus der Nachbarwohnung beschwert. Kindern jeden Alters fehlt fast immer die Möglichkeit, Geschehenes und Gesehenes verbal auszudrücken.
Anders ist es bei Fällen von sexueller Nötigung oder Vergewaltigung. Hier wird der Anfangsverdacht häufig von den (manchmal vermeintlichen) Opfern – oft „angeschoben“ von Eltern oder Freunden – vor- und zur Anzeige gebracht.
Ist dies geschehen, ist die Staatsanwaltschaft (StA) verpflichtet, ihm nachzugehen und eröffnet ein Ermittlungsverfahren.
Ermittlungsverfahren
Sinn dieses Verfahrens ist es festzustellen, ob ausreichend Anhaltspunkte dafür vorliegen, eine Person anzuklagen.
Dieses oft langwierige und aufwändige Vorgehen kann beim Verdacht der Kinderpornographie in der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ), der Auswertung von WhatsApp-Nachrichten u.v.m. bestehen. Sollte der Anfangsverdacht ausreichen, wird ein Richter auf Antrag der StA einen Durchsuchungsbeschluss ausfertigen. Mit ihm wird die Polizei die Wohnung des (mutmaßlichen) Täters aufsuchen und alle dort befindlichen Speichermedien (CD-Roms, USB-Sticks etc.) beschlagnahmen. Diese Speichermedien werden dann von der Staatsanwaltschaft an bestimmte Stellen des Landeskriminalamtes (LKA) oder an ausgewählte Gutachter zur Auswertung übermittelt.
Häufig erfahren dem Verdacht der Kinderpornographie ausgesetzte Personen erst durch diese Maßnahmen, dass gegen sie ermittelt wird.
In Fällen der Vergewaltigung oder sexuellen Nötigung u. a. (s. o.) ist das Hauptaugenmerk zunächst darauf gerichtet, mögliche Spuren des Täters am/im Opfer zu finden und zu sichern. Dies können Speichel- und/oder Spermaproben aber auch Haare oder Fasern sein, die beim Auffinden und endlichen Überführen des Täters von Bedeutung sind. Sollte der Täter – evtl. sogar namentlich – bekannt sein, so könne die gesicherten Beweismittel dessen Überführung dienen.
Besonders geschulte Sonderdezernate bei Kriminalpolizei (KriPo) und StA übernehmen die Befragung der Opfer und erfahrene Fachärzte notwendige Untersuchungen.
Ich mache von meinem Schweigerecht Gebrauch!
Diesen Satz sollten Sie sich gut einprägen – er passt immer!
Keine Aussage ohne anwaltlichen Beistand und keine Aussage ohne Kenntnis der Akte! Und eine Akteneinsicht (AE) kann nur Ihr Anwalt beantragen.
Zwar werden Sie eine polizeiliche Vorladung erhalten – aber der brauchen Sie keine Folge zu leisten. Wenn Sie nett sein wollen rufen Sie kurz dort an und sagen dem Beamten, dass Sie zum Termin nicht erscheinen sondern sich anwaltlicher Hilfe bedienen werden. Der Anwalt wird sich melden. Das ist Ihr gutes Recht und kann Ihnen nicht angelastet werden! Eine Aussage zu treffen, ohne den konkreten Akteninhalt und den gegen Sie erhobenen Vorwurf glasklar zu kennen wäre schlichtweg dumm.
Schweigen wird Ihnen niemals negativ ausgelegt werden können. Denn „wer nichts zu verbergen hat kann ruhig Reden“ gilt hier erst recht nicht! Rechtsunkundige Laien die Aussagen machen beweisen immer wieder: Wer versucht, sich herauszureden, redet sich hinein! Also: Ruhe bewahren, schweigen und mich kontaktieren!
Ob die Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme Sinn macht, werde ich mit Ihnen eingehend besprechen.
Wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind
Ist die Beweislage nach Ansicht der StA zu dünn, wird das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Je nach Aktenlage kann ich durch Vorbringen der wichtigsten Argumente die für eine Einstellung sprechen die StA bereits in diesem Verfahrensstadium dazu bewegen, das Verfahren tatsächlich einzustellen.
Ist die StA jedoch der Auffassung, sie hätte genügend Beweise zusammengetragen, wird sie sich entscheiden müssen, ob Sie eine Anklage schreibt oder ob es genügt einen Strafbefehl vom zuständigen Richter gegen Sie ausstellen zu lassen. Der Strafbefehl ist ein schriftlicher Strafvorschlag des Gerichts, der grundsätzlich eine Geldstrafe selten eine Freiheitsstrafe – diese aber immer zur Bewährung vorsieht. Akzeptieren Sie diesen Strafbefehl, wird hierdurch eine (meist öffentliche) Hauptverhandlung vermieden. Wollen Sie den Strafbefehl nicht akzeptieren, werde ich in Ihrem Namen Einspruch dagegen einlegen. Als Folge wird vom Gericht ein Termin zur Hauptverhandlung mit allen Zeugen etc. anberaumt, den ich für Sie wahrnehmen werde.
Ein Zwischending zwischen Einstellung des Verfahrens und dem Strafbefehl ist die Einstellung gegen Auflagen. Wenn Sie die dort geltend gemachte Geldbuße akzeptieren, hat sich die Angelegenheit durch Ihre Zahlung erledigt. Ein Eintrag in das polizeiliche Führungszeugnis wird nicht erfolgen.
Ist die StA der Auffassung, ihre Beweise wären erdrückend oder der Vorwurf so schwerwiegend, dass er nicht mehr mit einem Strafbefehl geahndet werden kann (ab einer möglichen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr) wird sie beim zuständigen Gericht Anklage gegen Sie erheben und die Eröffnung des Hauptverfahrens beantragen.
Die Eröffnung des Hauptverfahrens
Je nachdem zu welchem Gericht (Amtsgericht (AG) oder Landgericht (LG)) die Anklage erhoben wurde, werden mindestens 1, häufiger 2 Richter und oft 2 Schöffen an der Richterbank sitzen. Ein Urkundsbeamter wird die Verhandlung protokollieren. Neben dem Staatsanwalt ist u. U. auch das Opfer als Nebenkläger mit seinem Nebenklagevertreter anwesend.
Nachdem das Gericht Ihre Personalien – die Sie angeben müssen – abgefragt hat, verliest die StA die Anklage zu der Sie sich äußern können, aber nicht müssen. Ob sich zu äußern bereits an dieser Stelle Sinn macht hängt vom Akteninhalt und der Strategie ab, die wir vorher gemeinsam festgelegt haben.
Nun werden die Beweise erhoben, d. h. Zeugen, Gutachter und allen voran das (vermeintliche?!) Opfer werden befragt. Hier bietet sich als Verteidigungsstrategie oft an ein Glaubwürdigkeitsgutachten / ein aussagepsychologisches Gutachten einzuholen.
Gerade bei Sexualstraftaten steht oft Aussage gegen Aussage und die Aussage des Opfers (?!) hat erheblichen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens.
Ist der gegen Sie erhobene Vorwurf der einer im Internet begangenen Sexualstraftat so sind auch die Polizisten, die Ihre Wohnung durchsucht haben, wichtige Zeugen. Um die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung und ggf. Beschlagnahmung festzustellen, werde ich diese Zeugen nach den Umständen und Hintergründen der Durchsuchung fragen. Hat alles seine Richtigkeit – ok, fehlt aber an einer wichtigen Stelle z. B. eine Unterschrift dann ist es möglich, dass beschlagnahmte Gegenstände einem Beweisverwertungsverbot unterliegen und damit nicht als Beweis zugelassen sind.
Die Beweisaufnahme wird geschlossen, wenn alle Zeugen gehört und alle Beweismittel gewürdigt wurden. Dann halten zunächst der Staatsanwalt, dann ich unsere Plädoyers. Das letzte Wort haben Sie – Sie können (am besten nach vorherige Absprache mit mir) etwas Abschließendes sagen, müssen es aber nicht.
Anschließend wird die Hauptverhandlung unterbrochen und das Gericht zieht sich zur Urteilsberatung zurück. Das kann zwischen erstaunlich wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden dauern. Kehrt das Gericht in den Sitzungssaal zurück, verkündet es das Urteil und begründet es kurz. Die umfassende schriftliche Urteilsbegründung erfolgt i. d. R. binnen 6 Wochen nach der mündlichen Verkündigung.
Sie erfahren also sofort und an Ort und Stelle, ob und womit Sie bestraft werden sollen. Die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels (verlinken: Berufung – Revision) läuft ab der mündlichen Urteilsverkündung und beträgt 1 Woche.
Anmerkung
Denn immer wieder kommt es vor, dass ein Vorwurf aus dem Sexualstrafrecht aus einer ganz anderen Intention heraus als der, tatsächlich Opfer einer Sexualstraftat geworden zu sein, vorgebracht wird.
Verzerrtes Erzählen des Geschehenen, Übertreibungen, unwahre Aussagen oder gar falsche Verdächtigungen sind leider keine Ausnahme. Immer öfter werden Kinder in Sorgerechtstreitigkeiten instrumentalisiert oder mit ihrer leicht beeinflussbaren Hilfe soll Rache an einem Ex-Partner geübt werden.
Die Problematik bei Sexualstraftaten ist, dass der Täter oft zum Bekanntenkreis des Opfers gehört, Aussage gegen Aussage steht, Opfer und Täter alleine waren und der Tatort oft die häusliche oder eine andere gewohnte Umgebung ist.
Unter diesen Voraussetzungen ist die Wahrheit zu ergründen schwierig aber von eminenter Wichtigkeit. Denn Taten, die so „privat“ sind, lassen sich oft in entgegengesetzte Richtungen interpretieren. Leider wird die Aussage Opfer einer Sexualstraftat geworden zu sein immer wieder – und zwar zunehmend – als Mittel zum Zweck eingesetzt.
Beispiel:
Sie: er hat mich vergewaltigt – ich habe blaue Flecken.
Er: sie mag’s gern rau.
Gerichte und die STA tendieren eher dazu, dem (manchmal: vermeintlichen) Opfer zu glauben – hier kann nur ein erfahrener Strafverteidiger dazu beitragen, das wirklich Geschehene aufzudecken.
Ein anderes Beispiel:
Er: Mensch, zier‘ dich nicht so – wir sind doch alleine.
Sie: Nein! Mein Mann kann jeden Moment zurückkommen.
Fazit: Sie hat „NEIN!“ gesagt – gleichgültig aus welcher Intention – und das heißt für ihn: FINGER WEG! Hält er sich nicht daran, ist die sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung – ganz ohne blaue Flecken und Abschürfungen etc. – gegeben.
Bleibt festzuhalten: Wo ein „NEIN!“ da keine andere Wahl als „die Hände über der Bettdecke zu falten“! Die Spanne des Sexualstrafrechts ist weit – sie reicht von einer (evtl. lustig gemeinten) sexuellen Beleidigung (Du versifftes Flittchen!) über tatsächliche sexuelle Belästigungen wie das „Begrapschen“ bis hin zu sexuellen Nötigungen und Vergewaltigungen. Alle nicht einverständlichen sexuellen Handlungen, die gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person vorgenommen werden, sind strafwürdig. Und das zu Recht!
Andreas M. Kohn
Als Fachanwalt für Strafrecht bin ich den Umgang mit schweren Jungs und leichten Mädchen gewohnt.
Als Fachanwalt für Verkehrsrecht kenne ich zudem die Tricks und Kniffe der Haftpflichtversicherer aber auch die Arbeitsweise der Behörden bei Ordnungswidrigkeiten und Fahrerlaubnissachen.
20 Jahre Erfahrung haben mir gezeigt, dass Dummheit und Borniertheit nicht vor der Richterbank halt machen – von keiner Seite aus!