Volksverhetzung

Was ist das – Volksverhetzung?

An dem betreffenden Paragrafen zur Volksverhetzung – § 130 Strafgesetzbuch wurde immer wieder etwas geändert, etwas ergänzt oder etwas umgeschrieben, sodass er heute recht unübersichtlich und sehr lang dasteht.

Mein Versuch, ihn auf ein übersichtliches Maß „zusammenzustauchen“ und für den nicht juristisch vorgebildeten Leser verständlich zu machen, sieht so aus:

Die einzelnen Absätze stellen verschiedene Verhaltensweisen unter Strafe.

§ 130 StGB sieht Volksverhetzung in unterschiedlichen Handlungen, die sich gegen

  • nationale
  • rassische
  • religiöse oder
  • ethnische Gruppen bzw. Bevölkerungsteile

 

richten und im Zusammenhang mit

  • Fremdenfeindlichkeit,
  • Rassismus und
  • Rechtsextremismus

 

stehen.

Der Zusammenhang, in dem dieser Paragraf am häufigsten Anwendung findet, ist die Holocaust-Leugnung.

Übersicht

Volksverhetzung

Verallgemeinerung ist nicht strafbar (höchstens dumm) – folgt dieser jedoch die Aufforderung zu Hass und Gewalt bleibt sie dumm, wird aber zur Straftat.

Kontaktieren Sie mich ☎ (03 71) 45 84 133 und wir werden sehen, was ich für Sie tun kann.

§ 130 Absatz 1 Nr. 1 StGB: Der Aufruf, den öffentlichen Frieden durch Hass und Gewalt zu stören

Konkret: Man

  • stört den öffentlichen Frieden,
  • indem man zu Hass aufstachelt oder
  • zu Gewalt und Willkürmaßnahmen
  • gegen nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppen, Teile der Bevölkerung oder Einzelne
  • wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe/Bevölkerung

 

aufruft.

das Aufstacheln zum Hass

beginnt, indem man die Empfindungen anderer bezüglich der „auf’s Korn genommenen Gruppierung“ insoweit beeinflusst, dass eine besonders feindselige Haltung gegenüber dieser Gruppierung entsteht bzw. wächst. Die Feindseligkeit muss über die reine Ablehnung oder Verachtung hinausgehen. Für die Strafbarkeit ist es unerheblich, ob der Täter mit seinen Phrasen und Pamphleten ernst genommen wird und seine Aufrufe Erfolg haben oder nicht.

der Aufruf zu Hass und Gewalt

fordert Dritte dazu auf, einer bestimmten Gruppierung gegenüber willkürliche Maßnahmen zu ergreifen oder reine Gewalt gegen sie auszuüben. Auf dieser Grundlage sind z. B. Hetzjagden – die „Urväter“ des Lynchmobs – strafbar.

Strafbewehrt ist oben genanntes jedoch nur dann, wenn die Tat sich dazu eignet, den öffentlichen Frieden zu gefährden.

Allerdings kann und darf nicht jede ausländerfeindliche Äußerung als Volksverhetzung angesehen werden. Eine Plakatüberschrift „Die Überfremdung ist ein Kreuzzug gegen das eigene Volk“ ist nicht als Volksverhetzung strafbar, da es ihr an einer konkreten Aufforderung zu Hass und/oder Gewalt gegen eine konkret benannte Gruppe mangelt.

§ 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB – die Menschenwürde

lt. Grundgesetz ist die Würde des Menschen unantastbar. Folglich stellt § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB Angriffe, die sich gegen den „Persönlichkeitskern des Opfers, gegen den Menschen als solches“ richten, unter Strafe. Diese besonderen Angriffe gelten – wenn sie dazu geeignet sind, das Ansehen einer Gruppe oder eines Bevölkerungsteils herabzusetzen – als Volksverhetzung.

Die Rechtsprechung sieht dies besonders bei Tätern, die aus verwerflichen Beweggründen heraus andere Menschen als unwürdig, besonders minderwertig und verachtenswert empfinden und darstellen. Meist ist hier eine klare Identifizierung der Täter mit einer Rassenideologie oder religiösem Fanatismus gegeben.

§ 130 Abs. 1 Nr. 3 StGB – Billigen, Leugnen und Verharmlosen von Völkermorden

Die sog. Auschwitzlüge bzw. das Leugnen des Holocaust sind eine Volksverhetzung, die nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Leugner des Holocaust verbreiten (eher absichtlich) Unwahrheiten. Die verfassungsrechtlich garantierte Meinungsfreiheit  ist umfassend. Aber sie schützt keine falschen Tatsachenbehauptungen bzw. das Verbreiten unrichtiger Informationen.

Explizit strafbewehrt ist:

  • jedes öffentlich bzw. in einer Versammlung stattfindende Billigen, Leugnen oder Verharmlosen
  • einer „unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art und Weise“
  • das geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

§ 130 Abs. 4 StGB: Billigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherr-schaft

Absatz 4 ist relativ neu – er wurde 2005 aufgrund der zunehmenden Anzahl rechtsextremistischer Versammlungen ins StGB eingefügt und definiert Volksverhetzung als

  • öffentliche oder auf Versammlungen stattfindendes
  • Billigen, Verherrlichen oder Rechtfertigen
  • der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft
  • in einer „die Würde der Opfer verletzenden Weise“.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Teil des Straftatbestands ausdrücklich für verfassungsgemäß erklärt. In seinem Beschluss vom 4. November 2009 (1 BvR 2150/08) nennen die Richter dafür historische Gründe. Die Entstehung der Bundesrepublik Deutschland mit ihrer Verfassung ist als Gegenentwurf hierzu zu sehen. Deswegen erlaube die in Art. 5 GG verbürgte Meinungsfreiheit Ausnahmen vom „Verbot des Sonderrechts für meinungsbezogene Gesetze für Äußerungen, die auf propagandistische Weise Gewalt und Willkür des NS-Regimes gutheißen“.

Schutz des öffentlichen Friedens

In all den vorgenannten Fällen liegt Volksverhetzung nur dann vor, wenn die jeweilige Tat „geeignet [ist], den öffentlichen Frieden zu stören“.

Aber wo beginnt Volksverhetzung? Und wo endet Meinungsfreiheit? Manche Grenzen sind schwer zu ziehen – diese erst recht.

Der sehr unbestimmte Rechtsbegriff des öffentlichen Friedens zeichnet das Bild eines friedlichen Zusammenlebens aller – noch so unterschiedlichen – Bevölkerungsgruppen, ohne dass sich Menschen vor Willkür, Gewalt und der Verletzung ihrer Menschenwürde fürchten müssen. Was das konkret heißt, lässt sich aber nur schwer in Worte fassen.

Aber jeder kann erahnen, was es bedeutet, wenn der öffentliche Frieden abhandenkommt, verlorengeht. Wenn die Gesellschaft von Drohungen und Gewalt aufgestachelt ist und Hass zwischen den verschiedenen religiösen, ethnischen und nationalen Bevölkerungsgruppen herrscht.

Kann das wirklich (noch einmal) jemand wollen!?

Die Grenzen der Meinungsfreiheit

Immer stärker aufgeheizte Diskussionen aufgrund fremdenfeindlicher Provokationen stellen das Recht auf Meinungsfreiheit auf eine harte Probe. Hasserfüllten Kommentare folgen (oft) böse Taten.

Tatsache ist, dass die eigene persönliche (Meinungs-)Freiheit da endet (enden muss), wo die Freiheiten anderer durch ihr Ausleben beschnitten werden. In Deutschland heißt das u. a., dass jedermanns persönliche Meinungsfreiheit dort aufhört, wo sie sich u. a. in der Verherrlichung des Nationalsozialismus etc. ausdrückt.

Hate Speech auf Facebook und Volksverhetzung im Internet

Normalerweise fällt ein privates Gespräch nicht unter den Tatbestand der Volksverhetzung. Ein aktuelles Thema aber sind die sog. Hass-Postings in den Sozialen Medien. Auch wenn viele dieser Äußerungen politisch inkorrekt und fremdenfeindlich sind, so fallen diese doch unter die Meinungsfreiheit. Es kommt jedoch immer darauf an, in welchem Zusammenhang sie geäußert werden. Denn: Durch die Meinungsfreiheit besteht keine Verpflichtung, nur Nettes zu sagen – auch polemische und provokant drastische Äußerungen sind durch sie geschützt.

Fremdenfeindliche Äußerungen und Nötigungen sowie Beleidigungen und Bedrohungen – das sind Hass-Kommentare. Den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen sie dann, wenn der Absender die Menschenwürde anderer angreift oder die weiter oben beschriebenen Bedingungen erfüllt sind.

Volksverhetzung per WhatsApp

Auch volksverhetzende Anmerkungen und Fotos, die jemand zum Beispiel in einer WhatsApp-Gruppe teilt, sind strafbewehrt. Dass es sich bei diesen Gruppen um eine „geschlossene Gesellschaft“ handelt, ändert daran nichts.

Warum steht Volksverhetzung unter Strafe?

Der deutsche Gesetzgeber sah sich aufgrund der deutschen Geschichte und immer stärker auftretendem Demagogentums gezwungen, Volksverhetzung – auch den Versuch der Volksverhetzung – unter Strafe zu stellen. Es gilt zu verhindern, das Randgruppen und Minderheiten (sowohl Opfer als auch Täter zählen beide zu beiden Gruppen) sich gegenseitig ein feindseliges und hasserfülltes Klima schaffen und damit die gesamte bundesdeutsche Atmosphäre vergiften.

Strafmaß

Für den Grundtatbestand der Volksverhetzung wird eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren angedroht. Eine Geldstrafe ist im Falle einer Verurteilung nicht mehr vorgesehen.

Die anderen Tatalternativen werden mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafe bis maximal fünf Jahre geahndet.

Die konkrete Strafe im Einzelfall hängt immer von der Täterpersönlichkeit und den näheren Tatumständen ab. Ausschlaggebend ist z. B., ob die Äußerung öffentlich erfolgte und von welcher Intensität und Schwere sie war. Ebenfalls ist maßgeblich, ob es sich um einen einmaligen verbalen „Ausrutscher“ handelte oder ob der Beschuldigte bereits früher durch ähnliche Äußerungen aufgefallen ist.

Exkurs: Neben den reinen strafrechtlichen Folgen kann ein Verfahren wegen des Tatvorwurfs der Volksverhetzung auch arbeitsrechtliche Konsequenzen mit sich bringen. Werden rassistische Äußerungen gegenüber Kollegen abgegeben, kann dies eine gerechtfertigte fristlose Kündigung zur Folge haben.

§ 130 StGB sieht insbesondere folgende Strafen vor:

§ 130 Abs. 1 Nr. 1

Aufstachelung zu Hass oder Aufforderung zu Gewalt und Willkür gegen bestimmte Gruppen

= Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren

 

§ 130 Abs. 1 Nr. 2

Angriff auf die Menschenwürde

= Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren

 

§ 130 Abs. 1 Nr. 3

Billigen, Leugnen und Verharmlosen von Völkermorden – insbesondere das Leugnen des Holocaust

= Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren

 

§ 130 Abs. 4

Billigung oder Verherrlichung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft

= Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren

Aufpassen!

Auch Jugendliche müssen sich wegen Volksverhetzung verantworten. Das Jugendstrafrecht sieht verschiedene Formen von Maßregelungen vor. Der Richter kann z. B. die Auflage erteilen, dass der Täter einen bestimmten Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Organisation zahlen muss. Im schlimmsten Fall kommt auch eine Jugendstrafe im Gefängnis in Betracht. Dies ist jedoch das letzte Mittel, wenn aufgrund der „schädlichen Neigung des Jugendlichen“ oder der Schwere der Schuld andere Maßregeln nicht mehr ausreichen würden (§ 17 Abs. 2 Jugendgerichtsgesetz).

Verjährung

Volksverhetzung verjährt spätestens nach 5 Jahren, wird aber z. B. durch Ermittlungstätigkeiten der Polizei unterbrochen, sodass sich praktisch eine längere Verjährungszeit ergibt.

  • Bild von Andreas Kohn, Ihrem Fachanwalt f?r Verkehrsrecht in Chemnitz
    Andreas M. Kohn

    Als Fachanwalt für Strafrecht bin ich den Umgang mit schweren Jungs und leichten Mädchen gewohnt.

    Als Fachanwalt für Verkehrsrecht kenne ich zudem die Tricks und Kniffe der Haftpflichtversicherer aber auch die Arbeitsweise der Behörden bei Ordnungswidrigkeiten und Fahrerlaubnissachen.

    20 Jahre Erfahrung haben mir gezeigt, dass Dummheit und Borniertheit nicht vor der Richterbank halt machen – von keiner Seite aus!

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